Mehr als 80 % der Frauen sind berufstätig. Irgendwann stellt sich jedoch meist die Frage: Kind oder Karriere? Diese Problematik führt zu einem unbefriedigenden Kompromiss: kleines Pensum im Job und ein, maximal 2 Kinder.
Die Folgen sind eine Geburtenrate im freien Fall und Erwerbslosigkeit bzw. Teilzeitarbeit von bestens ausgebildeten Frauen. Die Krippenfrage bleibt dennoch Hoheitsgebiet der Kantone und Gemeinden, auch wenn sich Schweizerinnen und Schweizer für eine aktive Familienpolitik aussprechen. Gefragt ist jedoch nicht nur die Politik, auch die Schule, die Arbeitgeber und die Väter müssen zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Es zeigt sich, dass Länder mit guten Bedingungen für Familien höhere Geburtenraten haben.
Bereits jetzt nutzen vier von zehn Haushalten Krippen, bei den Alleinerziehenden sind es sogar über 54%. Allerdings fressen die hohen Kosten das Zweiteinkommen gleich wieder weg. In der Praxis sorgen für Vereinbarkeit von Familie und Beruf meist die Betriebe, sie bieten interne Kinderbetreuungsplätze und flexible Arbeitszeitmodelle an, jedoch können sich vergleichbares nur wenige Unternehmen leisten. Dabei würde eine verbesserte Vereinbarkeit zahlreiche Vorteile bringen:
Sie wäre ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung, würde zu einer höheren Geburtenquote und damit zu einer Stabilisierung der Bevölkerung führen, das Loch bei der Finanzierung der AHV stopfen, dem Arbeitsmarkt dringend benötigte Arbeitskräfte zuführen und durch mehr Einkommen und höheren Steuereinnahmen begünstigen. Auch für die Kinder wäre die Schaffung von mehr Krippenplätzen ein Gewinn durch den Kontakt mit Gleichaltrigen und die professionelle Betreuung und Förderung.
Leider hat die fehlende Familienpolitik in der Schweiz dazu geführt, dass eine Familie zu Gründen mühsam und mit Risiken verbunden ist. Viele Schweizer sehen es als Aufgabe des Staates an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, finanzielle und institutionelle Unterstützung wie Elternurlaub, Krippen, Tagesschulen usw. zu schaffen.Familie darf kein „Karriere-Stolperstein“ sein und Diskriminierung der Eltern am Arbeitsplatz muss verhindert werden um das Gründen einer Familie wieder attraktiv zu machen.
Die Schaffung dieser Rahmenbedingungen sehen allerdings nicht alle Politiker als Ihre Aufgabe an, von Familie sei Privatsache und jede Familie solle sich so organisieren wie sie es für richtig halte, da dürfe sich der Staat nicht einmischen, ist die Rede.
Die Nachfrage nach Kita-Plätzen übersteigt nach wie vor das Angebot, Mütter lassen sich noch am Anfang der Schwangerschaft in Wartelisten eintragen, auch die Kosten sind vergleichsweise sehr hoch. Mitunter kostet die Vollzeitbetreuung pro Kind beispielsweise in Zürich ab 2.300 Franken im Monat, damit wird der Zweitlohn zum großen Teil wieder weggefressen. Auffallend ist, dass sich die Nachbarländer deutlich familienfreundlicher zeigen, in Deutschland kostet die Vollzeitbetreuung 200 bis 300 Euro für ein Kind pro Monat, in manchen Bundesländern sogar gratis ist.
Ein Vaterschaftsurlaub soll, neben einer engeren Bindung zwischen Vater und Kind, dazu beitragen, die Frau nach der Geburt möglichst schnell wieder in die Arbeitswelt zu integrieren. Konkrete Vorschläge der Bundesrätin liegen dazu noch nicht vor.
In anderen Ländern wird der Elternurlaub zwischen Mutter und Vater aufgeteilt, dies trägt wesentlich dazu bei das stereotype Rollenverständnis von Frau und Mann zu durchbrechen.
In der Schweiz wird das Elterngeld für Väter leider noch belächelt und als beruflicher Bremsklotz dargestellt, in anderen Ländern ist dieses Modell jedoch schon gang und gäbe.
Wenn Männer Teilzeit arbeiten, dann fast immer zu einem wesentlich höheren Pensum (mindestens 80%) als Frauen. Auf Grund der immer noch herrschenden Lohnungleichheit, bleibt den Familien hier wenig Spielraum für gleichmäßigere Aufteilung. Schwierig wird es mit der Teilzeitkarriere vor allem dann wenn die Akzeptanz und die Karrieremöglichkeiten trotz Teilzeit im Unternehmen nicht oder nur unzureichend vorhanden sind. In so einem Fall lohnt es sich auch nicht solche zu erstreiten, denn dies wäre der schnellste Weg auf das karrieremäßige Abstellgleis.
Während bei Männern das Familienleben Privatsache ist, ist es bei Frauen zumeist karriereentscheidend. Zum einen herrscht noch immer weit verbreitet das Vorurteil, dass Mütter im Job nicht „voll bei der Sache“ oder nicht so belastungsfähig wären. Zum anderen führen diese Vorurteile dazu, dass Frauen selbst zweifeln ob sich Kind und Karriere vereinbaren lassen.
Jedoch müssen Frauen heute mehr denn je langfristig denken: spätestens wenn die Kinder grösser sind wollen die meisten Mütter wieder ins Berufsleben einsteigen, dies funktioniert allerdings nur, wenn Frau von Anfang an einen Fuß im Berufsleben hält, ein Wiedereinstieg nach vielen Jahren ist oft nur mit herabgesetzten Ansprüchen der Frauen möglich.
In kaum einem anderen Staat wird so viel Wert auf Gleichstellung der Geschlechter gelegt wie in Schweden. Unter anderem ist die flächendeckende Kinderbetreuung exzellent ausgebaut, alle Kinder ab einem Jahr haben einen Anspruch auf einen Platz. Auch die Erzieherinnen und Erzieher sind bestens ausgebildet, 60 % verfügen über einen Hochschulabschluss.
In puncto Elterngeld ist Schweden ebenfalls Vorreiter, 16 Monate erhalten Eltern einkommensabhängiges Elterngeld, davon jeweils zwei Monate jedem Elternteil einzeln vorbehalten, die Restlichen 14 Monate sind frei aufteilbar. Diese Bedingungen sind dafür verantwortlich, dass in Schweden heute 9 von 10 Väter in Elternzeit gehen.
Die Geburtenziffer von Schweden fällt mit 1,9 Kindern pro Frau nicht zuletzt deshalb wesentlich höher aus als in der Schweiz mit 1,5 Kindern pro Frau aus. Auch Frauen mit Hochschulabschluss bleiben deutlich seltener kinderlos.
Vaterverbot 2013, Zusammenfassung von Apunto Ausgabe 2/2013